Freitag, 24. April 2009

Zevalin - vom großen Misserfolg zum kleinen Erfolg?

Radioimmuntherapie ist bisher keine Erfolgsstory. Dafür gibt es Gründe. Dies könnte sich aber bald ändern. Hierfür gibt es ebenfalls Gründe.

Anders als Chemotherapie, bei der zur Krebsbekämpfung unspezifisch alle sich in Teilung befindenden Zellen geschädigt werden, zielt Radioimmuntherapie spezifisch gegen eine ausgewählte Zellart. Monoklonale Antikörper sind wie dazu geschaffen Finder der gesuchten Oberflächenstruktur und Träger der radioaktiven Fracht zugleich zu sein.

Zevalin (Ibritumumab-Tiuxetan) ein muriner, mit einer radioaktiven Fracht (Ytrium 90, ein radioaktives Isotop) konjugierter monoklonalen Antikörper gegen das Zielmolekül CD20 wird hierbei gegen Non Hodgkin Lymphome (eine bestimmte Form von Lymphdrüsenkrebs) eingesetzt.

Während normale Antikörper gegen CD20 (Rituxan) ebenfalls in der Bekämpfung von Non Hodgkin Lymphomen eingesetzt werden, hat der Konjugatantikörper einen entscheidenen Vorteil. Durch den sogenannten Kreuzfeuereffekt werden auch für den Antikörper schlecht zugängliche Tumorzellen, wie z. B. Lymphomzellansammlungen in den Lymphknoten, durch die Strahlung erfasst und vernichtet. Die Bestrahlungsintensität ist durch die spezifische Therapie ein vielfaches geringer als eine externe Bestrahlung ganzer Körperbereiche.

Zevalin wurde in USA 2002 in Zweit- bzw. >=Zweitlinientherapie für follikuläres Non Hodgkin Lymphom zugelassen. Der war hier in Tests klar wirksamer als Rituxan.

Aus folgenden Gründen wurde Zevalin aber in USA nie ein kommerzieller Erfolg (die Rechte in Europa und dem Rest der Welt außer USA besitzt Bayer-Schering):
  • Zevalin darf nur in Spezialkliniken von speziell geschulten Radiologen verabreicht werden
  • es ist ein spezieller Scan vorgeschrieben um zu verhindern, dass die radioaktive Substanz sich an bestimmten Stellen im Körper oder in Organen besonders anreichert
  • die Rückerstattung der Kosten durch die Krankenkassen ist sehr intransparent und gab den Ärzten das Gefühl mit der Verschreibung von Zevalin Geld zu verlieren
  • die Meinung unter Ärzten ist verbreitet, dass nach Zevalin-Verabreichung Rituxan nicht mehr wirkt und somit Zevalin zur allerletzten Behandlungsmethode degradiert wurde
  • der Vorbesitzer BiogenIdec hatte kein kommerzielles Interesse Zevalin in Konkurrenz zu seinem Blockbuster Rituxan zu vermarkten
  • Zevalin ist bisher in einer nur sehr kleinen Indikation zugelassen
Zevalin konnte sich in keinem Jahr seit Zulassung in USA mit mehr als 20Millionen USD umsetzen. Im Jahr 2007 wurde Zevalin dann von BiogenIdec an Cell Therapeutics auslizensiert. Aufgrund finanzieller Nöte und ohne große Marketinganstrengungen brach der Umsatz weiter auf knapp über 11 Mio USD in 2008 ein.

Ende 2008 und Anfang 2009 übernahm Spectrum Pharmaceuticals die vollständigen Rechte in USA zum Vertrieb von Zevalin. Dabei wird Spectrum die bereits von Cell Therapeutics erkannten Hürden angehen, um die Verkäufe zu steigern. Folgende Versuche werden unternommen:
  • Bemühung die Anforderung des Scans, der in Europa nicht benötigt wird, in Absprache mit der FDA zu entfernen
  • Änderung der Kostenrückerstattung hin zu einem System, dass einen prozentualen Aufschlag auf die enstehenden Kosten vorsieht
  • Stärkung des Vertriebs
  • Ausweitung der Indikation auf Erstlinienkonsolidierungstherapie
Mithilfe der von Bayer-Schering durchgeführten FIT Studie wurde nachgewiesen, dass Zevalin als Konsolidierungstherapie zu einer beliebigen Erstlinientherapie gegen Non Hodgkin Lymphom die Erfolge der klinischen Remissionen erheblich erhöhen und das progressionsfreie Überleben erheblich verlängern kann. Die erweitere Beobachtung der Studienteilnehmer zeigte zudem, dass die Patienten auch nach Verabreichung von Zevalin in späteren Therapien auf Rituxan ansprechen.

In Europa ist die Erstlinien-Konsolidierungstherapie, die einen stark vergrößerten Patientenkreis ansprechen kann, bereits in 2008 zugelassen worden. Ein entsprechender Zulassungsantrag für diese Indikation wurde auch von Spectrum Pharmaceuticals in USA gestellt. Das Entscheidungsdatum für die Zulassung ist der 2.7.2009.

Obwohl Zevalin ein Antikörper muriner Herkunft ist und somit das Sicherheitsprofil nicht so gut ist wie bei einem humanisierten oder vollhumanen Antikörper, dürfte eine Zulassung aufgrund der überragenden Wirksamkeits-Daten recht wahrscheinlich sein.

Somit könnte mit der erweiterten Zulassung und der Beseitigung einiger weiterer Hindernisse, wie sie oben beschrieben wurden, aus der Geschichte von Zevalin doch noch eine kleine Erfolgsgeschichte werden.

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